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Peace, Love & Happiness – Mit Tumvlt aka Olivia Schneider im Rausch der Likes.

Sie studiert Bildende Kunst an der HfBK Dresden und ist mit ihrer künstlerischen Arbeit hauptsächlich auf Instagram unterwegs. Zu finden ist Olivia Schneider dort unter dem Pseudonym Tumvlt. Tumvlt ist eine waschechte Poserin, trägt ausschließlich Schwarz, liebt Emoticons und beschäftigt sich eigentlich nur mit sich selbst.

Von Raiko Sánchez

VASiSTAS
Hallo, Olivia: Was genau steckt jetzt alles hinter Tumvlt ?

Olivia:
Tumvlt stellt eine überspitzte Version meiner Selbst dar, die sich auf bestimmte Eigenschaften konzentriert und diese im Internet zeigt. Dabei versucht sie mit viel Coolness und Witz einen künstlichen Hype aufzubauen, bzw. zu generieren.

VASiSTAS:
Du bist die meiste Zeit auf Instagram unterwegs, warum?
Was funktioniert für dich dort am besten?

Olivia:
Was an Instagram cool ist, ist, dass es sich komplett auf das Medium Bild reduziert. Und ich denke, dass das im Moment auch der interessanteste Aspekt dabei ist. Du kannst viel konsumieren, siehst viele Bilder und alles ist sehr schnell. Trotz allem hat es eine starke soziale Komponente.

Du schaust dir andere an und bekommst einen Einblick in deren Leben, wie real der auch immer sein mag. Er bringt dich aber viel näher an sie heran. Mehr als es vielleicht andere soziale Plattformen bisher geschafft haben.

Außerdem denke ich, dass es davor viel schwieriger war, ständig was aus dem eigenen Leben zu teilen und in permanenter Interaktion zu sein. Was natürlich auch der geringen Hemmschwelle geschuldet ist.

„Die Community bei Instagram ist viel weitläufiger, für mich ist es nicht zwingend notwendig, dass ich jede(n) persönlich kenne.“

VASiSTAS:
Wann gab es für Dich den entscheidenden Moment mit Tumvlt deinen eigenen Fankult zu gründen?

Olivia
Natürlich war ich zu der Zeit bereits auf Instagram unterwegs und habe mir auch viel angesehen. Aber als ich dann verstanden habe, dass ich mit den Leuten vollkommen unbefangen interagieren kann, habe ich das Potential dahinter für mich entdeckt. Und natürlich als mir meine Freund*innen gesagt haben, dass sie es ganz witzig finden, was ich da poste. Damals waren das vor allem Bildcollagen.

VASiSTAS:
Wie wichtig ist dir der Aspekt der „Likes“?

Olivia:
Darüber haben wir auch schon oft in unseren Kolloquien an der Hochschule gesprochen. … Was ich für mich langsam gecheckt habe ist, dass ich möchte, dass die Posts von Tumvlt viele „Likes“ bekommen.  Ich denke, es gehört einfach ungemein zum künstlichen Hype, der Coolness, dem Fantum und dem Kult.

VASiSTAS:
Wie ist es für Dich mit deinen Professor*innen über deine Arbeiten zu sprechen? Die meisten von denen sind 50+ und kennen Instagram höchstens vom Hörensagen?

Olivia:
Mit den Professor*innen war es relativ schwierig, was das Ganze auch wirklich zu einem Kampf gemacht hat. Vielleicht kann man meine Arbeiten auch nur bis zu einem Gewissen Teil verstehen. Es benötigt halt einen Vergleich. Man muss einfach wissen, was im Internet passiert und auch die Referenzen kennen, die ich oftmals in meinen Arbeiten verwende. Des Weiteren sehen viele Leute auch die Arbeit nicht, die dahinter steht. Weil es eben aus diesem Klassischen – ich male vier Stunden ein Bild oder ich haue eine Skulptur, herausgeht und viel schwieriger zu greifen ist.

VASiSTAS
Weil du gerade den Aspekt der Arbeit angesprochen hast, also die Frage danach was daran die Arbeit ist:
Wie produzierst du deine Fotos? Hast du Gehilfen, was für Tools nutzt du?

Olivia:
Ich habe ein Stativ und eine Spiegelreflexkamera mit der ich viel arbeite. Oft nutze ich auch einen Bluescreen für meine Fotos. Bevor die Bilder in meinem Feed landen bearbeite ich sie manchmal noch am Computer. Zu Beginn fiel es mir leichter vor der Kamera zu „acten“, wenn ich alleine war. Doch mit der Zeit habe ich auch damit angefangen, spontan von mir Fotos machen zu lassen. Wobei ich mich daran etwas gewöhnen musste, ehrlich gesagt.

„Persönlich würde ich mich nicht als Perfomerin bezeichnen. Aber mir ist natürlich bewusst, dass ich im Netz eine Rolle einnehme und diese auch kontinuierlich präsent ist.“

VASiSTAS:
Was macht ein Foto gut?

Olivia:
Erst einmal ist es wichtig, dass ich auf jedem Bild zu sehen bin. Ich nehme auch nur Bilder, wo ich denke, dass ich gut aussehe. Klar gibt es ab und an kleine Abweichungen, aber im Großen und Ganzen hat alles denselben Look. Außerdem versuche ich Dinge zu benutzen, die auch viele Leute kennen, bzw. mit denen sich Leute identifizieren …

VASiSTAS:
… kannst du da ein Beispiel nennen?

Olivia:
Was mir total in die Hände gespielt hat war das neue Album „Tumult“ von Herbert Grönemeyer. Die Referenz ist zwar simpel, aber die Leute verstehen das. Oder diese ominösen Persönlichkeitstests wie „Choose your Breakfast“.

Das habe ich z.B. als Grundlage für eine Reihe von Bildern genommen. So sieht man neben Bretzeln und Ei halt auch Drogen. Ich persönlich nehme keine Drogen, bin mir aber sicher, dass viele meine Follower Drogen konsumieren. Das ist mir eigentlich auch egal. Es geht einfach um den Witz dabei. Darum, dass es eine Zielgruppe gibt, die das versteht.

VASiSTAS:
Einer deiner Posts zeigt eine Nachricht, in der folgendes steht:

 Mit Lifestyle verbinden wir ja oft Eigenschaften, die einen Menschen von anderen abgrenzt oder auch verbindet. So können wir Teil einer Kulturbewegung sein.
Es wäre aber auch möglich, Genuss und Lebensfreude zu verkörpern und dabei unpolitisch zu sein. Wo würdest du Tumvlt eher verordnen?

Olivia:
Tumult ist eher etwas zwischen Genuss und Lebensfreude, die sich nicht wirklich politisch positioniert …

VASiSTAS:
… aber Olivia Schneider schon?

Olivia:
Ja, auf jeden Fall! Ich habe auch oft darüber nachgedacht, aber ich finde es schwierig beides so zusammenzubringen. Leider habe ich noch keine Form gefunden beides miteinander zu verbinden.

VASiSTAS:
Wem gelingt das deiner Meinung nach?

Olivia:
Es gibt super viele Leute, die politischen Inhalt auf Instagram machen.
Um mal ein paar Namen zu nennen: @softie.offiziell, @habibitus, @ffabae oder @yugodeinesvertrauens. Ich finde es auf jeden Fall gut, dass wir bei Instagram relativ einfach an Bildungsinhalte kommen. Ob das jetzt Storys sind oder Posts – viele User*innen lösen das richtig gut und nutzen die vielseitigen Tools. Meiner Meinung nach ist Instagram einfach ein guter Ort für Empowerment, auch wenn mir der Begriff persönlich zu aufgeladen ist.

VASiSTAS:
Tumvlt gibt es auch als Merchandise, wie kam es dazu?

Olivia:
Mich interessieren schon seit langem Influencer*innen und der Moment in dem sie entscheiden, selbst aktiv Produkte von sich zu verkaufen. Für mich war es dann am Ende einfach ein konsequenter Schritt, Fan-Artikel von mir zu produzieren und zu vertreiben.

VASiSTAS:
Gab es auch mal Augenblicke in Deinem Tumvlt Dasein, die Dich genervt haben? Gab es Instagram-Krisen?

Olivia:
Es gab schon Momente, in denen ich gedacht habe, dass was ich da mache sehr inhaltlos ist. Oder wenn ich mit Leuten ins Gespräch komme und die mir dann sagen, dass sie mich bereits durch Instagram kennen und ich dann den inneren Druck verspüre sofort eine Rolle einnehmen zu müssen.

In letzter Zeit war es einfach ein bisschen anstrengend, da ich das Gefühl hatte zu stagnieren, nicht voran zu kommen. Aber das hat sich zum Glück gelegt und ich habe wieder viel Spaß damit. Dennoch denke ich, dass es langfristig eine Entscheidung geben muss, um wirklich vorwärts zu kommen. Fragen wie: „Überspitze ich Tumvlt ins Endlose? Wechsle ich die Plattform?“ – all das beschäftigt mich grad sehr.

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