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Unsere Sonne, ein gigantischer Glutofen: nichts besonderes? Das DHMD klärt auf!

„SHINE ON ME, WIR UND DIE SONNE“ lautet der Titel der neuen Sonderausstellung im Deutschen Hygiene Museum in Dresden. Mit „Shine on me and Burn me“ legte ich mir im Sommer 2017 am Strand von Athen ein ähnlich klingendes Credo auf – in Sternenformation und vollkommen ungeschützt.

Von Raiko Sánchez

Was folgte war der Sonnenbrand meines Lebens. Bereits ein Jahr später hatte auch die Mehrheit der deutschen Bevölkerung mit den Folgen eines zu heißen und trockenen Sommers zu kämpfen. Doch selbst wenn die Sonne sich dieses Jahr von ihrer kraftvollsten Seite präsentiert hat, ist der Anlass zur Ausstellung ein ganz anderer.

Athen 2017, die Sonne brennt und ich mit ihr.

Mit der Parker Solar Probe, die sich am 12. August dieses Jahres Richtung Sonne begeben hat, hat sich die NASA kein geringeres Ziel gesetzt, als „die Sonne zu berühren“. Denn mal ehrlich, unser Wissen über sie ist ziemlich begrenzt. Zwar kennen wir ihr ungefähres Alter, das bei ca. 4,6 Milliarden Jahren liegt. Wir wissen, dass sie der Mittelpunkt unseres Sonnensystems ist. Wir wissen auch um ihr Schicksal, darum, dass sie eines Tages sterben wird und wir eventuell auch mit ihr. Doch weltweit erhofft sich die Wissenschaft mit dieser Mission natürlich an weitere und wichtigere Erkenntnisse zu kommen, um mehr über den unvorstellbar weit entfernten Feuerball zu erfahren. So wird die Raumsonde in den kommenden sieben Jahren, der Sonne sieben Mal näher kommen als jemals zuvor und uns auf Erden hoffentlich viele, nutzbare Daten übermitteln.

Die Sonne in Form eines starken Leuchtmittels. Okay, I got it! Leider eines der wenigen Fotos die ich zur Ausstellung machen durfte.

„SHINE ON ME, WIR UND DIE SONNE“ ist mehr oder weniger ihre museale „Schwestermission“, nur dass sich hier niemand die Finger verbrennen muss. Das Ziel ist es, die vielschichtigen Beziehungen des Menschen zur Sonne anhand von sieben unterschiedlichen Themenräumen sichtbar werden zu lassen.

Let it shine on me

Die Mission in der Ausstellung startet mit verschiedenen mythologischen Aspekten der Sonne und der Erkenntnis, dass jede Kultur ihren individuellen Kult um diesen Himmelskörper erschaffen hat. Diese verschiedenen Kulte wiederum zeigen ein Bindeglied, das sich durch die gesamte Menschheit zieht.

So begegnen wir der Sonne als Gottheit Re im alten Ägypten oder als strahlender Surya im Hinduismus. Aber auch in poetischer Form, wie z.B. in dem wunderschönen Gedicht „An die Sonne“ der österreichischen Autorin Ingeborg Bachmann. Als populäre Actionfigur Hou Yi, der laut einer chinesischen Sage neun von zehn Sonnen mit seinem Bogen abschoss. Oder bei den Angehörigen der Nri-Kultur in Westafrika als sogenannte Ichi-Narben. Denn oftmals greifen diese Narben die Form eines Strahlenkranzes – ähnlich der Sonne – auf.

Waiting for the sun

Mit dem Aufkommen der Wissenschaft verlor die Sonne etwas an ihrem Zauber aber keineswegs an Bedeutung. Nach wie vor orientieren wir uns an ihr, sie bestimmt die Tages- und Jahreszeiten und ebenso auch unsere biologische Uhr.
Mit „Is it yours? Is it mine? Is it ours to divide? It’s not yours! It’s not mine! It belongs to us! Sunset Sunrise“ aus dem Song „Sunset Sunrise“, der ebenfalls in der Ausstellung vertreten ist, erinnert uns auch die jamaikanische Sängerin, Schauspielerin und Performancekünstlerin Grace Jones daran, dass die Sonne Menschen nicht voneinander unterscheidet: Sie geht auf und sie geht unter, ein Rhythmus der unser aller Leben bestimmt und uns alle universell miteinander verbindet.

I’m the sun

Neben den vielen kulturellen und wissenschaftlichen Aspekten geht es auch vermehrt um den Einfluss der Sonne als Symbol auf Architektur, Mode, Popkultur und den Künsten.

Vielleicht erinnert sich die eine oder der andere noch an die Grammy Awards im Jahre 2017? In vollkommener Dunkelheit erschien plötzlich eine in gold getauchte Gestalt. Keine geringere als Beyoncé – die Queen of R&B persönlich – umhüllte sich bei ihrer Performance mit der Symbolkraft der Sonne. Hochschwanger und mit ihrem aus Gold bestehendem Strahlenkranz stand sie sinnbildlich für das Göttliche. In ihrem Glanz sollten alle Menschen erstrahlen und so, wie der Ausstellungskatalog verlauten lässt: „… den Schmerz der Ausgrenzung und Unterdrückung überwinden“. Bereits Ludwig der XIV, der „Sonnenkönig“, lies sich als Apollon in einem Porträt festhalten, um sein Selbstbildnis als absoluter Herrscher und Lichtbringer zu untermauern.

Besitzt jeder Kult seine eigene Sonne? Ein interaktiver Tisch an dem insbesondere die jungen Besucher*innen sich ihren persönliche Sonnengott oder Göttin zusammenbauen können.

The way to a distant destination

Ganz getreu einer richtigen Mission befinden sich in beinahe jedem Raum der Ausstellung kleine Forschungsstationen, in denen sich sowohl Kinder, Jugendliche als auch Erwachsene, den zentralen Fragen des Themas individuell widmen können. Die Idee zum Ausstellungsdesign kam von raumlaborberlin, unter der Leitung von Frauke Gerstenberg und Andrea Hofmann. Die sehr monochrom gehaltene und einheitlich gestaltete Ausstellungsarchitektur orientiert sich an dem vor hundert Jahren gegründeten Langley Research Center in Hampton, Virginia/USA.

Sie kreist aber auch um das immer noch ungelöste Problem des Weltraumschrottes. Das zeigt sich in der Verdichtung der einzelnen Elemente, die zum Ende der Sonderausstellung stetig zunimmt. Die aus Aluminium gebauten Tischmodule, auf denen sich die meisten der 430 Exponate befinden, ziehen sich wie eine sterile Landschaft durch die gesamte Ausstellungsfläche. In jedem Fall unterstützten sie den Charakter einer Raumstation, wenngleich die sterile Anmutung sehr museal wirkt und weniger abenteuerlich.

Sun, can you please help us?

Das Ende unserer Mission ist zugleich der Beginn einer Reise in ein bisher unbekanntes Terrain. Selbst wenn unsere Hoffnung in eine Raumsonde in der Größe eines Kleinwagens passt, sind die Probleme der modernen Zivilisation in jedem Winkel unseres Planeten sicht- und spürbar. Und während also die einen im Hambacher Forst ihre persönliche Goldgrube vermuten, denken die anderen über Solarkraftwerke im All nach. Doch für welchen Preis? Welcher technischen Innovationen benötigt es, um diesem Anspruch gerecht zu werden? Wo liegen die Grenzen des Möglichen und des Machbaren?

„You can’t buy the moon? You can’t buy the stars? You can’t buy the earth by selling gold coins? But you can buy the tree with the grass that’s green!“

Grace Jones knows best!

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