Ein Kommentar von Christian Rätsch
Seit 2013 findet die Kunstlotterie des Freundeskreises jährlich in Dresden statt. Daneben vergibt der Verein seit 2013 auch den mit 1.500 Euro dotierten Diplompreis. Zuletzt erhielt ihn der 1986 in Soul geborenen Künstler Euiyoung Hwang 2017. 1991 gegründet, will der gemeinnützige Verein insbesondere die Aktivitäten der Studierenden fördern und materiell und ideell die Arbeit der Hochschule sowie deren Auftreten in der Öffentlichkeit unterstützen.
In diesem Jahr schaut der Freundeskreis allerdings im wahrsten Sinne in die Röhre: Zu wenig Zusagen seitens der Studierenden! Man entschied sich mit Bedauern, die Lotterie für 2018 abzusagen.
Was ist passiert?
Die Kritik seitens der Studierenden und auch einiger Professor*innen ist vielfältig. Hört man sich in entsprechenden Kreisen um, so wird verlautbar: Das Format sei nicht mehr zeitgemäß, das Konzept nicht gut. Die Kommunikation der Hochschule zu schlecht. Es fehle an einer Schnittstelle, direkten Ansprechpartnern. Viele wüßten nicht einmal, wofür das Geld gesammelt und wem es am Ende zu Gute kommt.
Desinteressierte Studierende – irritierter Förderverein
Der Förderverein indes ist ratlos. Es wird die Vermutung geäußert, die Student*innen mögen einfach die Frist verbummelt haben. Doch manchmal liegt die Erklärung eines Problems so offensichtlich vor den eigenen Augen, dass es schlicht übersehen wird, nämlich in einem einfachen Desinteresse der Student*innen. Nach immerhin fünf Jahren kann schon mal die Luft raus und die Motivation abhanden gekommen sein.
Es ist natürlich verständlich, dass ein Förderverein zuerst über eine so geballte Abneigung irritiert ist. Sieht er sich doch als Unterstützer, gerade derer die ihn nun „im Stich lassen“. Vielleicht aber haben die Studierenden keine Lust bei dem Format einer Lotterie mehr „Unterhalter*innen“ als Künstler*innen zu sein.
Wer unterstützt hier eigentlich wen?
Ausserdem stellt sich mir persönlich bei der Kunstlotterie und ihrem Konzept immer folgende Verständnisfrage: Ist es richtig, dass die Studierenden an einer Veranstaltung teilnehmen, um wiederum nur durch ihren eigenen Beitrag in Form von Kunst, Gelder für die eigene Förderung von Projekten zu generieren? Kann das Geld nicht durch andere Formate oder Möglichkeiten bereitgestellt werden? Wer ist in diesem Szenario eigentlich noch Förderer, wer bringt die Leistung, wer unterstützt hier wen?
Als Freundeskreis jetzt zu bemängeln, dass durch das Aussetzen der diesjährigen Kunstlotterie über 5.000 Euro für die Förderung studentischer Projekte fehlen, wirkt ein wenig wie der Versuch, den schwarzen Peter vom einen in den anderen Schuh zu schieben. Ist es nicht schließlich Aufgabe des Vereins, sich gerade nun verstärkt um einen anderen Weg zu kümmern, die fehlenden Mittel aufzutreiben? Anstatt indirekt die Studierenden und Absolventinnen für ihre – und das mag ja wirklich ärgerlich sein, ist aber nunmal so – mangelnde Motivation zu kritisieren?Wie sieht es mit Unterstützer*innen aus der freien Wirtschaft aus, neuen Kooperationspartnern aus der Wissenschaft? Für beides gibt es in Deutschland genug funktionierende Beispiele. Ich hoffe auf den bereits angekündigten Diskurs und eine schnelle Lösung.
Eine andere, eigentlich positive Entwicklung mag der Kunstlotterie ebenso den Wind aus den Segeln nehmen: Die zunehmende finanzielle Emanzipation in der Bildenden Kunst. Zuletzt befeuert durch das in der Hauptstadt durchgesetzte „Berliner Modell“ für Ausstellungsvergütung. Immer mehr Künstler*innen wollen nicht mehr einfach nur etwas „umsonst“ machen, sondern fordern eine Vergütung unabhängig vom Verkauf der Arbeiten. Eine Veranstaltung, wie die Lotterie, bei der die Teilnehmer*innen ein Werk zur Verfügung stellen, ohne dabei direkt und unmittelbar am Gewinn und lediglich in einer mittelmäßigen Ausstellung beteiligt zu werden, ist für viele jetzt vielleicht nicht mehr reizvoll genug.
Und: Wie war das noch mit der Solidarität? Zugegeben, die oben genannten Punkte mögen egoistisch klingen, doch sie sind auch einem immer extremeren Kunstmarkt und dem täglichen Überlebenskampf vieler Künstler*innen geschuldet. Aber, es dennoch gut, dass der Freundeskreis hier appelliert und darauf hinweist, dass man mit seinem Beitrag wiederum sich selbst und andere Projekte von Mitstudent*innen unterstützten kann/sollte. Doch ob es hier so schnell zu einem Umdenken kommt, wäre zwar wünschenswert aber eher unwahrscheinlich.
Ohne Diskurs keine Veränderung
Doch sind wir ehrlich, die gesamte Problematik, die sich hier offenbart, steht eher symptomatisch für ein viel grundlegenderes Problem: Student*innen und Freundeskreis haben sich aus den Augen verloren. Daher lautet ein Appell, der an beide Seiten geht: Setzt Euch hin, redet, diskutiert, streitet und entwickelt gemeinsam neue Ideen und Formate mit denen sich beide Seite wohlfühlen. Kritisiert nicht hinter verschlossenen Türen untereinander die anderen, sondern miteinander und konstruktiv!
Bleibt zu hoffen, dass beide Parteien eventuell im nächsten Jahr wieder auf einen Zweig kommen, sich ein neues Format oder andere Möglichkeiten der Förderung überlegen oder die Kunstlotterie in einer veränderten Auflage neu bespielt wird.
Schön wäre es!