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Bei den Fischen schlafen – Unterwasser bei „The Rock“

Die Unterwasserausstellung „The Rock“ von Tobi Keck präsentierte am 15. August einen Tag lang künstlerische Positionen von 24 Künstler*innen im Westbruch Brandis bei Leipzig. Inwiefern machte der Rahmen hierbei die Kunst?

Von Fay Lazariotis

Helen Hetzel, Pursuit is never over, 2019, Foto von Torsten Schnabel

Wer den Westbruch in Brandis bei Leipzig kennt, weiß, wie schön er ist mit seinen überragenden Klippen, dem türkisfarbenen Wasser und der Ruhe. Den Kontakt erhielt Tobi Keck über Uwe Seidel, der den Westbruch gepachtet hat und dort selbst einen Tauchverein betreibt. Ursprünglich war die Unterwasserausstellung im Steinbruch bei Ammelshain geplant gewesen, hatte aber aus allerlei Gründen nicht geklappt. Er sei zwar kein Banksy Fan, aber bei einem gebe Tobi ihm Recht:

„Wenn man etwas will, sollte man nie vorher danach fragen, weil eine Entschuldigung im Nachhinein eindeutig leichter ist, als vorher eine Erlaubnis zu bekommen.“

Beginn der Ausstellung ist um 13 Uhr und soll „bis zum Ende“ laufen. Eine 24-Stunden-Ausstellung so gesehen, danach wird die Kunst wieder entfernt. Bei Ankunft tummeln sich einige Künstler*innen und Besucher*innen um den schmalen Eingang des Steinbruchs. Tobi ist zusammen mit dem Taucher Torsten Schnabel im Wasser, der das ganze für die spätere Außenübertragung filmen und fotografieren soll.

Am Rand stehend erkennt man einen Parkour, der sich mittels schwimmender Kennzeichen wie Plastikflaschen an den Rändern der Klippe entlang hangelt. Die im Wasser ausgestellten Objekte sind auf drei an einem Baum befestigten Blättern präsentiert. Tauchbrillen liegen bereit, das Wasser sei „gar nicht so kalt“. Trotzdem bibbern alle, die man im Wasser umher schwimmen sieht. Alles für die Kunst.

Die Kunst, die es im Wasser zu sehen gibt.

Die Idee der Ausstellung hatte Tobi beim Baden im Kulkwitzer See, als ihm ein Freund von im Wasser verwurzelten Bäumen erzählte und ihn die Szenerie von im Wasser schwimmenden Ausstellungsobjekten begeisterte. Dabei interessiere ihn vor allem das Spannungsverhältnis zwischen Faszination und Furcht, die er als Instinktangst bezeichnet. Die Angst vor dem Ungewissen, der Tiefe, den „riesengroßen Viechern“. „Obwohl es ja eigentlich nichts zu befürchten gibt, außer vielleicht zu ertrinken.“

Alles in einem sei es eine „normale Ausstellung“, nur eben in einer anderen Welt, die sich auf dem selben Planeten befindet.

Durch sein Studium in Nürnberg sowie zahlreiche Verbindungen zu Berliner und Dresdner Künstler*innen ergab sich ein Länderdreieck, das die Ausstellung bestimmen sollte. Mit dabei Lisa Wölfels „Garnele und Wels“, zwei Ölgemälde, die anfänglich an anderen Orten im Wasser angebracht, dennoch ominöserweise im Verlauf des Tages ihren Weg zueinander fanden. Oder Michi Epplers „Robert DeNiro schläft bei den Fischen“, ein Portrait des Schauspielers, das laut Michi von DeNiros Film „Goodfellas“ inspiriert worden sei. Die jetzige Ausstellungsstätte lasse ihn dabei natürlich an ein mafioses Versinken denken.

Die wasserbezogenen Kunstwerke (ob im Titel oder im Objekt selbst) überwiegen gefühlt, wenn man Beiträge wie Hannes Uhlenhauts „Underwater Dog“ oder Irina Pilhofers „Unterwassermelone“ betrachtet.

Hannes Uhlenhaut, Underwater Dog, 2019, Foto von Torsten Schnabel

Spannend ist hierbei die Frage, inwiefern die ausgestellten Objekte in einer „normalen“ Ausstellung ebenso glänzen würden und inwieweit die Ausstellung den Spannungsrahmen doch erst durch die äußeren Verhältnisse erhält.

Hätte man aber nicht doch mehr mit elementaren Gegensätzen spielen oder zumindest die Frage besagter Furcht näher thematisieren können?

Neben den offensichtlichen „Wasserkunstwerken“ ist diesbezüglich zum Beispiel Tobi Kecks Werk selbst zu nennen, der mit „Rest in Pink“ einen rosafarbenen Herzluftballon, der an einem Vierkantrohr aus Glas befestigt ist, ausstellt. Dieser erinnert ein wenig an Sisyphos – immer im Bestreben aus dem Wasser zu fliegen und sich dennoch niemals loszureißen. Wenn man an den Titel denkt, der an „Rest in Peace“ angelehnt ist, kann man ansatzweise auch Tobis Instinktangst ausgestellt sehen, in der Tiefe unterzugehen.

Auch Till Hungers „One More Time“ fällt auf, das eine Medaille mit einem traurigen Smiley darstellt. Seine Angst zu versagen, die er früh beim Schwimmsport mitbekommen habe, weil er immer nur auf dem zweiten Platz landete, sei bei der Gestaltung präsent gewesen. Es kann auf jeden Fall gesagt werden, dass es an Diversität der ausgestellten Objekte nicht mangelte – von Skulptur bis Malerei schien alles dabei zu sein und wie in jeder anderen Ausstellung eben auch, gab es Objekte, die das Herz mehr berührten als andere.

Manuel Frolik, Lost Stars, 2019, Foto von Torsten Schnabel

„The Rock“ trägt wie andere selbst konzipierten Ausstellungen von Tobi Keck einen popkulturellen Einfluss. Neben der offensichtlichen Interpretation des Titels, gibt es bei Tobi wie in vielen seiner Konzepte diese Referenz. Nun könne man an den Schauspieler / Wrestler Dwayne Johnson oder auch an den bekannten gleichnamigen Film mit Nicolas Cage denken. Mittels dieser Bezüge zöge man eine Verbindung zur Außenwelt, erreiche eine breitere Öffentlichkeit. Den Raum des Westbruchs würde er gern in der nächsten Saison erneut bespielen. Möglicherweise mit einer Petersburger Hängung in den Felsen.

Vielleicht heißt die nächste Ausstellung dann „In the air tonight“. Let’s see.

„The Rock“ beinhaltete Werke von Michi Eppler, Helen Hetzel, Minor Alexander, Lisa Wölfel, Konrad Hanke, Melo Börner, Florian Birk, Tobi Keck, Karoline Schneider, Michael Ullrich, Till Hunger, Andrea Barzaghi, Willy Schulz, Marten Schech, Nadja Kurz, Lars Fischer, Manuel Frolik, Marco Stanke, Irina Pilhofer, Jens Müller, Myriam Mayer, Deborah Geppert und Markus Heller.

Die Dokumentation der Unterwasserausstellung kann man sich übrigens auch online ansehen.

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