Kategorien
Artikel Ausstellungen

Abnormale Kunst – wie anders kann anders sein?

Wie eine bereits im Vorfeld unter Künstler*innen kontrovers diskutierte Ausstellung Themen behandelt, die bereits in der Gesellschaft integriert sein sollten – und es dennoch nicht sind. Ein Preview auf „abnormale“ Kunst.

Am 9. Oktober eröffnet in der Galerie 196TM in Leipzig die von Nori Blume kuratierte Ausstellung „ABNORMALE KUNST“. Es werden insgesamt 20 Positionen von Leipziger und Dresdner Künstler*innen zu sehen sein.

Dass der Name der Ausstellung zunächst unter Kolleg*innen kontrovers diskutiert werden könnte, war der Organisatorin Nori Blume von vornherein bewusst. Bereits in der anfänglichen Planungsphase und bei den ersten Anfragen wurde deutlich, dass die Bezeichnung als „abnormal“ auf Ablehnung stieß.

Die Ausstellungsmacherin zeigte Verständnis und erklärt, das dies auch nicht ihre Motivation gewesen sei, sondern viel mehr der Eindruck,  dass aus ihrer Sicht die in der Ausstellung behandelten Themen in der Gesellschaft immer noch argwöhnisch aufgenommen und zu wenig behandelt werden würden.

Doch wie gestaltet man eine Ausstellung, die sich auf künstlerischer Weise mit Themen auseinandersetzt, die in den eigenen Kreisen fest integriert sein mögen, aber von vielen Teilen der Gesellschaft oftmals noch als von der Norm abweichend diffamiert werden? Man nennt sie, wie in Noris Fall „abnormal“. Doch steht der Begriff für sie eben nicht für etwas Schlechtes, sondern für das Außergewöhnliche, das Andersartige – das, was ein Kunstwerk interessant macht. Mit der Ausstellung unternimmt sie ebenso den Versuch, die noch immer existenten Grenzziehungen der Gesellschaft zu thematisieren, um sie im nächsten Zug gleich wieder aufbrechen zu können.

Silas Schmidt von Wymeringhausen, Self, Digitaldruck, Klebebindung, handgestochene Kapitale, Relief

Ein gutes Beispiel für eine solche Grenze in der Gesellschaft ist der Fall von Silas Schmidt von Wymeringhausen, der auch in Noris Ausstellung vertreten ist. Die Direktorin des Kulturhistorischen Museums Schloss Merseburg bezeichnete sein Werk „CRUISING“ bei der dortigen Ausstellung „GENERELL FRISCH“ als „abartig“ und ließ seine Kunst nur zensiert ausstellen.
(Bei der Arbeit handelt es sich um fünf Collagen-Hefte, die sich mit dem gängigen Begriff des „cruisens“ auseinander setzen,  der das sexuelle Aufeinandertreffen von meist anonymen Personen an öffentlichen Orten thematisiert.)

Es gibt sie also, die Ablehnung gegenüber eines vermeintlich „Anderen“ oder von einer „Norm“ abweichendem, sogar im Kulturbetrieb! Um so wichtiger also, nicht klein bei zu geben und die Gesellschaft immer und immer wieder genau damit zu konfrontieren. Ein kleiner fader Beigeschmack bleibt allerdings: Könnte so ein provokativer Ausstellungstitel unter Umständen mehr dazu beitragen, besagte Grenzen zu festigen anstatt sie aufzulösen?

Nori Blume, Non Boy, C-Print

Besagter Silas von Wymeringhausen kann neben seiner Arbeit „SELF“ nun jedenfalls endlich seine fünfteiligen Collage-Hefte „CRUISING“ unzensiert zeigen. Er sowie Murat Önen und Nori stellen die drei Hauptpositionen der Ausstellung dar.

Murats Werk beschäftigt sich ebenfalls mit Sexualität und Körperlichkeit. Auf mitunter humoristische Weise befasst er sich mittels Malerei unter anderem mit den gängigen Schönheitsidealen aus der Fetisch- und Schwulenszene.

Murat Önen, Muscle Beach, Kreide auf Papier

Neben den drei Hauptpositionen gibt es ebenso Werke von Layla Nabi, Talis Baum, Tatjana Bikic, Adele Dittrich Frydetzki, Alba Frenzel, Florian Glaubitz, Susanne Hopmann, Mara Heuer, Manuela Kasemir, Tobia König, Yvonne Kuschel, Georg Lisek, Johannes Makolies, Irène Mèlix, Malte Pätz, Elisabeth Stiebritz und Andreas Schliebenow zu sehen.

Die Arbeiten reichen von Malerei und Fotografie bis hin zu Videoinstallationen und Grafik. Sie weisen damit nicht nur eine enorme Bandbreite an Medien auf, sondern zeigen darüber hinaus ihren ganz eigenen Zugang zur Thematik, der sich mal direkt, mal indirekt der Fragestellung widmet: Wie anders bist du?

Nori ist jedenfalls der Überzeugung, dass sich viele Leute mehr Öffentlichkeit für  Thematiken wünschen, die in der breiten Masse nicht als „konform“ gelten. Vielleicht bleibt nach der ganzen Diskussion im Vorfeld der Ausstellung ein einfacher Ansatzpunkt – ein spielerischer. Warum nicht einfach mit dem Begriff spielen? Das „Abnormale“ für sich selbst neu definieren und den Irrglauben von manchen zum eigenen Vorteil nutzen.

Wenn Du jetzt Lust auf die Ausstellung bekommen hast, empfehlen wir Dir die Vernissage am 9. Oktober um 19:00 Uhr in der Galerie 196TM. Die Ausstellung geht bis zum 18. November.

Nichts von uns verpassen?

Dann melde Dich doch gleich für unseren kostenlosen E-Mail-Newsletter an!