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HfBK Studierende nutzen freie Werbeflächen für Sichtbarkeit der Kunst in Zeiten von Corona

Auch wenn Museen, Galerien und Off-Spaces langsam wieder ihre Türen öffnen und unter Hygieneauflagen Besucher*innen begrüßen, hat sich in den letzten Wochen und Monaten die Sichtbarkeit von Kunst verändert. Eine digitale Vernissage per Twitch, YouTube und Co. ersetzt eben kein Gathering unter Kunst- und Kulturinteressierten bei einem Wein oder Bierchen.

Ein Interview von Christian Rätsch und Raiko Sánchez

Um so wichtiger wird daher der öffentliche Raum, als Ort für die Sichtbarkeit von Kunst. Denn hier kann momentan Abseits von geltenden Abstandsregeln und Hygienevorschriften – quasi im Vorbeigehen – Kunst konsumiert werden. Davon ausgehend haben sich Studierende der Fachklasse für zeitbasierte Medien von Carsten Nicolai der Hochschule für Bildende Künste Dresden mit daraus resultierenden Ausstellungsformaten auseinander gesetzt. Herausgekommen ist eine Plakatserie, die auf Werbeflächen der Firma Mambo Plak in Dresden zu sehen ist, die derzeit durch die Entwicklungen der Covid-19-Pandemie nicht mehr genutzt werden können.

Foto von Omani Frei

Wir wollten mehr über dieses Projekt erfahren und haben uns digital mit der Klasse zu einem Interview „getroffen“:

VASiSTAS:
Momentan ist es schwierig sich auf persönlicher Ebene mit seinen Kommiliton*innen, bspw. im Atelier auszutauschen. Wie habt ihr es dennoch geschafft euer Projekt auf die Beine zu stellen?

Klasse Nicolai:
Ab Anfang März haben wir wegen der gegenwärtige Situation die Klassentreffen über Videokonferenzen abgehalten. Untereinander kommunizieren wir schon seit Langem über eine Online Plattform, da wir nicht alle in Dresden leben und arbeiten. Der gemeinsame Austausch außerhalb des Ateliers, war für uns daher weniger problematisch.

Da zu Beginn auch alle mehr Zeit und weniger alltägliche Ablenkungen hatten, war das Projekt erstaunlich schnell zu realisieren.

„Wir sehen die zuvor leerstehenden Plakatwände u.A. auch als Referenz auf die ungenutzten Räume, die Künstler*innen dringend benötigen …“

VASiSTAS:
Das Plakat bietet die Möglichkeit schnell und kompakt Informationen zu übermitteln. Um was für Informationen handelt es bei euch, was wollt ihr uns erzählen und wie komme ich als Betrachter*in mit euch in Kontakt?

Klasse Nicolai:
Uns war wichtig, dass die Plakate über eine einheitliche Form zusammengehören. Die Anordnungen geschehen durch den Plakatierenden, Felix von Mambo Plak, der zum Kurator dieser Ausstellung wird. Es ging uns nicht darum schnell und kompakt Informationen zu übermitteln, sondern Bildcollagen zu schaffen, die wir davor nicht absehen konnten. Die Inhalte und Themen der einzelnen Plakate sind individuell und reichen von Wahrnehmungspsychologie über Formsprache, bis hin zu zwischenmenschlichen und politischen Konflikten.

Foto von Viktoria Kurnicki

Mit den Künstler*innen kann man über den Hashtag #kcn in Kontakt treten: Der QR-Code führt die Betrachter*innen zu unserem gemeinsamen Instagram Account und weiteren Informationen.

VASiSTAS:
In Zeiten des medialen Überflusses scheinen Plakate doch vollkommen obsolet zu sein, warum habt ihr euch dennoch dafür entschieden eure Arbeiten auf Plakate zu drucken?

Klasse Nicolai:
Es gibt verschiedene Gründe für diese Entscheidung: In der Entwicklungsphase lag der Fokus, durch den Lockdown, weltweit auf der Präsentation von Kunst im digitalen Raum. Um genau diesen Überfluss nicht zu bedienen, haben wir uns für das analoge Medium entschieden. Die leerstehenden Plakatwände sahen wir dabei als Möglichkeit die Bilder konkret zu verorten und außerhalb einer Institution zugänglich zu machen.

„Wir wünschen uns, dass Stadt, Land und Bürger*innen in Zukunft jede kulturelle Arbeit als Kulturgut und nicht als „Gratiskultur“ betrachten.“

VASiSTAS:
Auch die SKD hat mit „Hier und Jetzt“ den Versuch unternommen, die Sichtbarkeit von Künstler*innen im städtischen Raum zu fördern. Was denkt ihr: Bedarf es eigentlich immer erst einer „Notsituation“ bis Institutionen reagieren? Und was würdet ihr euch seitens der Stadt, dem Land oder auch der HfBK im Bezug auf die derzeitige Lage wünschen?

Klasse Nicolai:
Man könnte es auch so sehen: Die Notsituation verweist lediglich auf einen Zustand, der sich jetzt noch verschärft hat und eben auch Institutionen betrifft: Künstler*innen werden nicht angemessen entlohnt, stattdessen wird ihnen Sichtbarkeit angeboten. Wir sehen die zuvor leerstehenden Plakatwände u.A. auch als Referenz auf die ungenutzten Räume, die Künstler*innen dringend benötigen und von der Stadt zur Verfügung gestellt werden könnten. Wir selbst hätten dieses Projekt beispielsweise außerhalb der derzeitigen Situation und ohne die Förderung durch die HfBK Dresden nicht finanzieren können.
Wir wünschen uns, dass Stadt, Land und Bürger*innen in Zukunft jede kulturelle Arbeit als Kulturgut und nicht als „Gratiskultur“ betrachten.

Foto von Omani Frei

VASiSTAS:
Eure Intervention beschränkt sich noch weitestgehend auf Dresden. Könnt ihr euch vorstellen die Grenzen zu anderen Orten aufzulösen, um damit eventuell auch mit Kolleg*innen außerhalb Dresdens zu partizipieren?

Klasse Nicolai:
Ja, absolut. Auch das haben wir bereits diskutiert. Auf Grund der kurzen Realisationszeit haben wir uns erstmal nur auf Dresden beschränkt. Es wird vermutlich davon abhängen, wie lange leerstehende Flächen für uns Künstler*innen verfügbar sind, bevor sie wieder für Werbung gekauft werden.

VASiSTAS:
Ein Ausblick: Dem Anschein nach, wird es in diesem Jahr keine Jahresausstellung an der HfBK geben. Gibt es bereits Pläne, wie ihr als Klasse damit umgehen wollt?

Klasse Nicolai:
Wir haben uns dazu entschlossen, wie jedes Jahr vor den Semesterferien unseren Raum als Ausstellungsraum zu begreifen, unabhängig davon ob die Jahresausstellung öffentlich zugänglich sein wird
#jahresausstellungkcn2020 ?

VASiSTAS:
Danke für das Gespräch und Deine Zeit!

Teilnehmende Künstler*innen des Projektes sind: Felix Ermacora, Marius Friedrich, Omani Frei, Sebastian Gallschuetz, Deborah Geppert, Sophie Hundbiss, Robin Kötzle, Viktoria Kurnicki, Carsten Nicolai, Georgij W. Schatz, Stefan Schleupner, Halyn Shin, Miles Sjögren

Mehr Informationen gibt es hier:

Webseite der HfBK Dresden
Instagram-Account der Klasse Nicolai

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